Der Mythos „EU-Mehrwertsteuer“
Malta-Leasing und die Nachversteuerung in Kroatien sind wohl die häufigsten Ergebnisse, wenn man versucht sich mittels Internetrecherche eine einigermaßen klare Antwort auf eine Frage zu verschaffen, die viele Wassersportler in Deutschland derzeit umtreibt:
„Muss ich auf mein Gebrauchtboot nachträglich eine Mehrwertsteuerabgabe zahlen?“
In den vergangenen Wochen und Monaten erreichten uns viele besorgte Wassersportler mit eben dieser Frage. Es wird über immer häufiger werdende Zollkontrollen in deutschen See- und Binnenhäfen berichtet. In jüngster Vergangenheit sollen deutsche Zollfahnder mehr als jemals zuvor Kontrollen in unseren Marinas durchgeführt haben. Das Hauptaugenmerk würden die Zöllner dabei neuerdings auf die korrekte Entrichtung der Umsatz- und EU-Einfuhrumsatzsteuer richten.
Sofern Sie ein gebrauchtes Schiff direkt von einem Händler kaufen und auf den Kaufpreis in Deutschland Mehrwertsteuer zahlen, stellt sich die Frage nicht. Das Schiff ist dann korrekt versteuert, vorausgesetzt der Kaufpreis entspricht in etwa dem Zeitwert des Schiffes.
Hier die wichtigsten Fakten:
Was ist die rechtliche Grundlage des Problems?
In Anwendung der maßgeblichen EU-Richtlinie 92/111/EWG müssen Wasserportfahrzeuge, die innerhalb der Mitgliedsstaaten der europäischen Union und von dort ansässigen Personen genutzt werden sollen, sich im „steuerrechtlich freien Verkehr“ befinden.
Das bedeutet letztlich nichts anderes, als dass für jedes Wassersportfahrzeug welches dauerhaft innerhalb der EU verwendet wird, zumindest einmal die Umsatzsteuer in einem der EU-Mitgliedsstaaten entrichtet worden sein muss.
Über diesen Steuerstatus muss der jeweilige Eigner auf Verlangen der Zollbehörden einen geeigneten Nachweis vorlegen.
Welche Dokumente werden von deutschen Zollbehörden als ausreichende Nachweise erachtet?
Auf Nachfrage bei den Behörden bekommen wir immer wieder die gleiche Antwort: „Die Anforderungen an ein akzeptables Nachweisdokument variieren, abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls.“ Hier die gängigsten Dokumente und deren Tauglichkeit als Nachweis:
Die Originalrechnung inklusive ausgewiesener Mehrwertsteuer
Sofern eine Originalrechnung des Herstellers oder Importeurs vorliegt, diese den Mehrwertsteuersatz und -betrag ausweist und einen Vermerk darüber enthält, dass die Kaufsumme vollständig gezahlt wurde, kann dies als sicherster Nachweis über eine ordnungsgemäße Versteuerung angesehen werden.
Die Rechnung über den Gebrauchtkauf inklusive ausgewiesener Mehrwertsteuer
Ähnlich verhält es sich – wie bereits erläutert – im Falle eines Gebrauchtkaufs von einem Händler unter Zahlung von Mehrwertsteuer auf den Kaufpreis. Auch hier dürfte die Kaufrechnung mit den o.g. Vermerken als ausreichender Nachweis anzusehen sein. Wichtige Voraussetzung ist hier allerdings, dass das Schiff laut Rechnung nicht deutlich unter dem Marktwert verkauft wurde. Anderenfalls wäre ein Anfangsverdacht wegen Steuerhinterziehung begründet.
Bestätigungen von offiziellen Stellen (z. B. dem Finanzamt oder Zoll)
Ebenso dürften amtliche Nachweise des Zoll oder eines Finanzamtes über die nachträglich entrichtete Mehrwertsteuer als taugliches Nachweispapier zu werten sein.
Die Transportdokumente T1 und T2L
Diese Frachtpapiere im europäischen Warenverkehr werden in vielen Artikeln zu diesem Thema als taugliche Nachweispapiere bezeichnet. Allerdings kann davon nur die Rede sein, wenn der Steuerstatus der entsprechenden Ware (Wassersportfahrzeug) in diesen Dokumenten ausdrücklich dokumentiert ist – und selbst in diesem Fall ist äußerste Vorsicht geboten. Keineswegs liefern diese Frachtpapiere einen mit der Originalrechnung vergleichbar gewichtigen Beweis über die ordnungsgemäße Versteuerung.
Bescheinigung des Händlers oder privaten Verkäufers
Als gänzlich untauglich müssen privatrechtliche Nachweise oder Zusicherungen von Händlern oder privaten Verkäufern über die ordnungsgemäße Versteuerung angesehen werden. Solche Zusicherungen werden durch die zuständigen Behörden ausdrücklich nicht anerkannt.
Unsere Lösungen:
Oftmals werden die naheliegenden Möglichkeiten außer Betracht gelassen. Um absolut sicher zu gehen eröffnen sich dem geneigten Käufer mindestens zwei sichere Optionen:
Der gezielte Kauf eines nicht versteuerten Bootes
Sofern Sie sich bei Kauf schon über die Notwendigkeit der Nachversteuerung im Klaren sind können Sie den Kaufpreis entsprechend drücken und sehne, nach erfolgter Nachversteuerung, jeder Kontrolle gelassen entgegen.
Die Prüfung der Unterlagen durch einen spezialisierten Rechtsanwalt
Wenn Sie einen spezialisierten Rechtsanwalt mit der Prüfung der jeweiligen Vertragsunterlagen und Nachweise beauftragen, haftet der jeweilige Kollege bei entsprechender Vereinbarung für das Prüfungsergebnis.
Auch Eigner von Schiffen in deutschen Hoheitsgewässern sollten ihre Unterlagen mit Blick auf entsprechende Dokumente durchsehen. Sofern der Nachweis einer ordnungsgemäßen Versteuerung nicht zweifelsfrei geführt werden kann, geben die zuständigen Zollämter und spezialisierte Rechtsanwälte gerne Auskunft.