Mastbruch bei vorhergesagtem Unwetter stellt keine grobe Fahrlässigkeit dar

Ein Einhandsegler erleidet bei Orkanböen unter ungerefften Segeln einen Mastbruch. Insgesamt entsteht ein Schaden von 26.000 Euro, die Versicherung verweigert die Zahlung. Begründung: Grob Fahrlässiges Handeln des Skippers. Die Versicherung beruft sich dabei auf § 81 VVG.

Letztendlich musste die Versicherung nach dem Urteil des Kammergerichts Berlin für den Schaden aufkommen.

Die Kurzfassung des Geschehens:

Mitte Juli verließ der Einhandsegler gegen 17 Uhr mit seinem neun Meter langen Yacht den Hafen Svinemünde. Er nahm Kurs auf das Ca 90 Seemeilen entfernte Ystad in Südschweden. Zuvor informierte er sich zwar über den Wetterbericht, jedoch nicht ausführlich genug, um von den vorhergesagten Gewitterböen zu erfahren. Gegen 23 Uhr geriet der Skipper in eine Gewitterfront auf Höhe des Kap Arkonas.

Der starke Wind kam für ihn so plötzlich auf, dass dem Segler keine Zeit mehr blieb die Segel zu reffen oder zu bergen, ohne das eigene Leben zu riskieren. Der Segler harrte die nächste Stunde ans Deck geklammert aus. Als der Sturm etwas abflaute, konnte er die Schoten öffnen, um Druck aus dem Boot zu nehmen. In den folgenden Stunden stampfte das Boot unkontrolliert in die Wellen, am frühen Morgen brach dann infolgedessen der Mast. Gegen Mittag am Folgetage wurde das Boot von der Crew der Fähre Rügen entdeckt und Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Der Skipper hatte kein installiertes UKW – Funkgerät an Bord, lediglich ein Handy führte er wohl mit. Er konnte jedoch nur mithilfe von Notfackeln auf sich aufmerksam machen.

Die Versicherung lehnt die Schadensregulierung ab:

Die Versicherung begründete die Ablehnung der Schadensregulierung mit „grenzenloser Selbstüberschätzung“ des Skippers und „Nichtbeachtung der realen Begebenheiten“. Der Skipper hätte sich vor dem Ablegen umfassender über die Wetterlage informieren müssen. Zudem sei es gerade bei Nachtfahrten unverzichtbar, auch während der Überfahrt über UKW-Funk aktuelle Seewettermeldungen einzuholen. Die Beobachtung des Himmels ließe bei Nacht nicht rechtzeitig Wetterveränderungen erkennen. Zudem habe der Segler die Kraftlosigkeit und / oder Reaktionsunfähigkeit selbst zu verschulden – nach dem Frühstück nur ein Knäckebrot zu essen, habe zu der körperlichen Erschöpfung geführt.

Die Kammergericht Berlin entscheidet wie folgt:

Nach den vom Skipper eingeholten Wetterberichten, gab es keinen Anlass aus Vorsichtsgründen von der geplanten Überfahrt Abstand zu nehmen. Für die vorhergesagten sieben Beaufort waren Segler und Schiff ausreichend ausgerüstet. Zwar hätte der Segler aktuellere und detailliertere Wettervorhersagen einholen müssen, dies fiele aber nicht in die grobe Fahrlässigkeit.

Zudem habe der Segler auch nicht grob fahrlässig gehandelt, indem er es unterlassen hat in die Häfen Greifswalder Oie oder Saßnitz abzulaufen.
Als er Greifswalder Oie gegen 19.45 Uhr passierte, deutete nichts auf den Wetterumschwung hin. Auch das Einholen eines aktuellen Seewetterberichtes ( von 17:30 Uhr) hätte zu keiner anderen Entscheidung geführt.

Den Hafens von Saßnitz hätte der Segler nicht mehr rechtzeitig erreicht. Das Anlaufen wäre mit dem Aufkreuzen von 15 Seemeilen verbunden. Zudem ist es sehr gefährlich bei Orkanböen in einen Hafen einzulaufen. Das Abwettern unter Großsegel war die sicherere Alternative.

Auch falsches seglerisches Verhalten vor dem Herannahen des Sturmes und nach dessen Abflauen hätte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig hervorgerufen.
Das Reffen der Genua hätte den Mastbruch nicht verhindert. Dieser wurde später durch das Schlagen des Baumes gegen die Wandten hervorgerufen.
Auch ein Beidrehen hätte bei den dortigen Windverhältnissen lediglich zum Zerreißen der Segel geführt.

Weiter sei dem Segler auch nicht zu unterstellen, seine physische und psychische Leistungsfähigkeit bewusst überschritten zu haben. Die Erschöpfung sei gerade nicht auf mangelnde Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zurückzuführen, sondern auf die außergewöhnlichen äußeren Umstände in Form des Sturmes. Das Lösen der Schoten empfand der Skipper als subjektiv richtig und wollte so den Schadenseintritt verhindern sowie seiner Rettungspflicht nachkommen.

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