Opfergrenze beim Bootsschaden

Ein Schaden am eigenen Schiff stellt für jeden Eigner einen Alptraum dar. Es braucht nur einen kräftigen Sturm um im Hafen oder im Winterlager so einiges kaputt gehen zu lassen.

Gerade im Wassersport ist die persönliche Bindung zum Schiff nicht gering. Man kennt jede Macke, jede Schraube durch die bei Regen ein bisschen Wasser tropft, wie man den Mast perfekt abdichtet und wo sich die Schot des Vorsegels am liebsten verhakt.

Ähnliche Gefühle hegt so mancher seinem Auto gegenüber. Genau aus diesem Grund hat die Rechtssprechung im KfZ-Bereich die sogenannte 130-Prozent-Opfergrenze entwickelt. Nach dieser Grenze kann der Geschädigte eine Reparatur verlangen, sofern die Reparatur nicht um mehr als 30 Prozent den Wiederbeschaffungswert übersteigt.

Ein kleines Fallbeispiel: Sie schaffen sich ein kleines gebrauchtes Schiff für 5000 Euro an. Dazu investieren Sie weitere 2000 Euro, bis das Boot endlich den Bedürfnissen entsprechend ausgerüstet ist. Nach nur zwei Saisons beendet ein früher Herbststurm jedoch fürs erste die Freude an dem Boot. Die Klampe des Nachbarboot reißt aus dem Deck, das Heck des Bootes treibt mit Schwung in das eigene Boot – nun ist der Salon auf einmal lichtdurchflutet…

Da stellt man sich so einige Fragen:

Als erstes natürlich: Wie kann mein Nachbar so dösbaddelig sein?

Aber auch:

Was passiert als nächstes?

Wer kommt für meinen Schaden auf?

Vorliegend sind diese Fragen recht leicht zu beantworten. Die Verantwortlichkeit für den Schaden liegt hier offensichtlich bei dem Eigner des Nachbarbootes. Dieser kann dann auf seine Versicherung verweisen.

Bevor sich das Boot also an den Hafengrund begeben kann, wird es an Land gekrant. Der von Ihnen bestellte Gutachter kommt zu folgendem Ergebnis: Der Wiederbeschaffungswert beträgt 4500 Euro, die Reparaturkosten belaufen sich auf ca. 5700 Euro.

Ein wirtschaftlich betrachteter Totalschaden liegt dann vor, wenn der Reparaturwert den Wiederbeschaffungswert übersteigt. Der Begriff Reparaturwert erklärt sich von selbst, mit dem Wiederbeschaffungswert ist der ursprüngliche Wert des Schiffes vor dem Unfall gemeint.

In unserem Fall liegt also rein rechnerisch ein Totalschaden vor. Das Boot würde also nicht mehr repariert werden, es gäbe eine Auszahlung von 4500 Euro, abzüglich des Restwerts des Schiffes. Das Projekt des eigenen Schiffes kann also von vorne beginnen.

An dieser Stelle kommt nun die oben angesprochene Opfergrenze ins Spiel. Demnach darf der Reparaturwert 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen.

Die 30 Prozent entsprechen vorliegend 1350 Euro. 4500 Euro + 1350 Euro = 5850 Euro. Die Reparaturkosten des Schiffes in Höhe von 5700 Euro sind also gedeckt.

Klingt soweit einfach. Allerdings ist die Opfergrenze eine Ausnahmeregelung und im KfZ-Bereich mit der ein oder anderen Auflage verknüpft. Beispielsweise darf das Auto erst sechs Monate nach dem Unfall weiterverkauft werden und das Auto muss vollständig in den eigentlichen Zustand zurückversetzt werden. Jede noch so kleine Beule muss also entfernt werden.

Es zeigt sich: Der wirtschaftliche Totalschaden der eigenen Yacht ist kein Kinderspiel. Soll die 130-Prozent-Regel in Ihrem Fall greifen, ist so einiges zu beachten und aus dem KfZ-Bereich in das Wassersportrecht zu übertragen.

Sollten Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, kontaktieren Sie uns gerne. Gemeinsam finden wir eine Lösung für Ihr Schiff!