Obliegenheitsverletzung – Yacht-Kasko-Versicherun

Die Obliegenheitsverletzung gegenüber der Wassersport-Kasko-Versicherung

 

Meiner Beauftragung lag ein an die Yachtkasko-Versicherung gemeldeter Schadensfall zu Grunde. Darin Schildert der Versicherungsnehmer, bei einer Routineinspektion der Bodengruppe seines Schiffes, Anrisse im Bereich der Bodenwrangen und Kielbolzen festgestellt zu haben. Dies führte er auf zurückliegende, vermeintlich unterschätzte Grundberührungen zurück.

 

Zum Sachverhalt:

Die Kaskoversicherung wies ihre Einstandsplicht unter Verweis auf das in ihrem Auftrage erstellte Gutachten, wegen angeblich schadensursächlicher Alterserscheinungen des Bootes zurück. Der Gutachter schließe eine schadensursächliche Grundberührung nicht aus, obgleich er eine altersbedingte Schadensursache für wahrscheinlicher halte. Zur weiteren Befundung wurde die Demontage des Kiels angeregt.

 

Mein Mandant brachte mit eigenem Schreiben zum Ausdruck, dass er mit der Ablehnung der Einstandspflicht nicht einverstanden sei und eine weitere Befundung und Reperatur in Auftrag geben werde. Mit weiterem Schreiben zeigte mein Mandant an, dass das Schiff nunmehr zur Werft verbracht werde. Eine Rückmeldung der Versicherung erfolgte hierauf nicht. Insbesondere versäumten es die Versicherung den von ihr beauftragten Sachverständigen erneut zu beauftragen um den freigelegten Kiel in Augenschein nehmen zu lassen.

 

Es erfolgten weitere – durch meinen Mandanten beauftragte – sachverständige Inaugenscheinnahmen.

 

Beide Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass das gemeldete Schadensbild auf eine Grundberührung zurückzuführen und gerade nicht in einem altersbedingten Ermüdungszustand und mangelnder Pflege begründet sei.

In den Gutachten heißt es dazu:

„(…) Die Expertise der Versicherung wurde zu einem Zeitpunkt erstellt, als wesentliche Bereiche des Schadens noch nicht freigelegt lagen. Das erschwert zweifellos eine zutreffende Analyse der Schadensursache. Auf dieser Basis kommt der Versicherungsgutachter zu dem Schluss, dass die Schäden in der Bodengruppe wahrscheinlich auf altersgemäßen Verschleiß zurückzuführen sind. Das ist unzutreffend. Tatsächlich sind die Risse durch Einleitung einer Kraft am hinteren Bereich der Kielfinne entstanden. Die damit verbundene Überlastung der Struktur hat die Bodenwrangen geschädigt. Das Laminat im hinteren Bereich der Kielbolzen ist nicht hochgedrückt. Vielmehr handelt es hier um eine zur Kielaufhängung gehörende kissenförmige Aufspachtelung, die aufgrund der eingeleiteten Kraft rissig wurde. Das Versicherungsgutachten ist in sich nicht konsistent. Es wird eine ausgebesserte Kiel-Rumpf-Verbindung und Korrosion an den Kielbolzen als Beleg für altersbedingte Schäden angeführt. Das ist unzutreffend. Nachweislich ist weder vor noch nach dem Schadensereignis Seewasser über die Kielbolzen eingedrungen. (…)“

 

„(…) Der gesamte technische Eindruck des Bootes entsprach dem üblichen Eindruck eines Bootes in diesem Alter mit gebrauchsfähigem Pflegezustand. Die Bilge um die Kielbefestigung weist Rostspuren auf, was von den Edelstahlunterlegscheiben stammt. Ein Korrosionsbild in dieser Form ist bei einer gelegentlich nassen Bilge nichts ungewöhnliches und lässt nicht automatisch auf eine übermäßige Alterung der Kielbolzen schließen. Die ersten demontierten Bolzen wiesen bei der Besichtigung auch keine Beeinträchtigungen in Form von Korrosion oder Querschnittsreduzierungen auf. (…)

Der besichtigte Schaden ist ein schwerwiegender Strukturschaden und er ist deutlich erkennbar durch äußere Einwirkung entstanden. Das Schadensbild zeigte allerdings keine frische Einwirkspuren, so dass die Schadensursache länger zurück liegen muss. Zur Erklärung der möglichen Schadens Ursache gibt es zwei Möglichkeiten.

  1. Es gab eine Grundberührung mit einer Krafteinwirkung auf der Kielvorderseite.(…)
  2. Es gab ein hartes Aufsetzen des Kiels auf der Kielseite achtern mit seinem langen L-Ausläufer (…)

 

 

Nach erfolgter Instandsetzung der Schäden forderte mein Mandant die Versicherung erneut, unter Vorlage der oben benannten Gutachten und der Dokumentation einer GL-Besichtigung des Schiffes (mangelfrei), zur Anerkennung ihrer Einstandspflicht und Regulierung des nunmehr bezifferten Schadens auf.

Die Versicherung wies erneut Ihre Einstandspflicht unter Verweis auf angebliche Obliegenheitsverletzungen und ihrer unerschütterten Annahme eines Allmählichkeitsschadens zurück. Insbesondere habe mein Mandant der Versicherung nach Demontage des Kiels keine Gelegenheit zur weiteren Begutachtung des Schadensfalles ermöglicht.

 

Rechtliche Würdigung:

Gemäß den Kasko-Bedingungen handelt es sich bei dem vorliegenden Versicherungsvertrag um eine Allgefahrendeckung. Demnach sind grundsätzlich alle Schäden und Verluste an den versicherten Sachen gedeckt, mit Ausnahme der als Ausschluss genannten Fälle. Diese Allgefahrendeckung bewirkt eine Umkehr der Beweislast zu Gunsten meines Mandanten. Für den Ausschluss der Einstandspflicht ist die Versicherung demnach vollumfänglich Beweisbelastet.

 

Eine Obliegenheitsverletzung ist nicht ersichtlich. In den Kasko-Bedingungen heißt es:

 

„(…) Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer vor Beginn von Instandsetzungsarbeiten an dem versicherten Boot nach einem Schadenfall, Gelegenheit zur Besichtigung und Feststellung des Schadens zu geben, ihm jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft – auf Verlangen schriftlich – zu erteilen und Belege beizubringen. Auf § 31 VVG wird verwiesen. (…)“

 

Mein Mandant hatte jedoch mehrfach über seine Absicht den Schaden Instandsetzen zu lassen informiert und der Versicherung damit weitere Gelegenheit zur Besichtigung, Untersuchung und Feststellung des Schadens gegeben, so wie es die vorbenannte Klausel verlangt. Die tatsächliche Instandsetzung erfolgte erst 3 Wochen nach der letzten Kontaktaufnahme zur Versicherung. Es blieb der Versicherung somit ausreichend Zeit, eine weitere Begutachtung in Auftrag zu geben oder meinen Mandanten zwecks weitere Maßnahmen zu kontaktieren. Die Versicherung blieb jedoch gänzlich untätig.

Selbst wenn meinem Mandant eine Obliegenheitsverletzung zur Last gelegt werden könnte, so wäre diese allenfalls leicht fahrlässig und weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich, § 28 Abs. 3 VVG. Ebenfalls hat es die Versicherung versäumt ihren Versicherungsnehmer vorab gesondert in Textform über die Rechtsfolge einer drohenden Obliegenheitsverletzung hinzuweisen, § 28 Abs. 4 VVG.

 

Ausweislich der vorstehenden Erwägungen ist die Versicherung zur Regulierung des gemeldeten Schadens verpflichtet.

 

  • Ein Ausschlusstatbestand ist unter Betrachtung der Gutachtenlage nicht ersichtlich.
  • Eine Obliegenheitspflichtsverletzung seitens meines Mandanten ist nicht ersichtlich.
  • Ein Hinweis nach § 28 Abs. 4 VVG ist nicht erfolgt.

 

Sollten Sie auch Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung mit Ihrem Versicherer haben, so sind wir Ihnen gerne behilflich.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Benyamin H. K. Tanis

Rechtsanwalt