Schaden durch Schlepper – Wer ist der richtige Anspruchsgegner?

Jeder kennt sie und nicht wenige haben nicht allzu gute Erfahrungen mit ihnen gemacht.

 

Schlepper!

 

Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen für verschiedene Verwendungszwecke, die Bekanntesten sind wohl jedoch die sogenannten Assistenz- und Bugsierschlepper, deren Aufgabe es ist große, teilweise manövrierunfähige Schiffe durch drücken, schleppen, schieben etc. in Häfen an ihren Liegeplatz zu verholen. Oft werden diese Schlepper von Werften in Anspruch genommen, um die noch jungfräulichen Schiffe wie zum Beispiel Kreuzfahrtschiffe auszudocken. Aufgrund der oft beengten Verhältnisse in den meisten Häfen und der enormen Kraft der Schlepper von 2000 bis 4000 KW, kommt es dabei nicht selten zu Beschädigungen anderer Schiffe. So wurde erst kürzlich das Schiff von einem unserer Mandanten durch den starken Schraubenstrahl eines solchen Schleppers über einen längeren Zeitraum gegen die Spundwand gedrückt und entging nur knapp einem wirtschaftlichen Totalschaden.

 

Doch wer ist in einem solchen Fall in Anspruch zu nehmen? Der Schlepperkapitän? Der Kapitän des geschleppten Schiffes oder wenn ein solcher nicht vorhanden ist der Werftkapitän? Die Werft selber, die den Auftrag zum Schleppen erteilt hat oder die Reederei-/Bugsiergesellschaft, die den Auftrag ausführt?

 

Da es sich für die Gerichte zumeist um eine unbekannte Materie handelt, kann die Auswahl des richtigen Beklagten durchaus in die Irre führen.
Der Schleppvertrag hat nie eine gesetzliche Sonderregelung erfahren und ist in der Regel als Dienst-, Werk- oder Frachtvertrag zu qualifizieren. Jedoch haben sich im Laufe der Zeit allgemeine Rechtsgrundsätze hinsichtlich der nautischen Führung beim Schleppen und mithin der Haftung gebildet, die ihren Niederschlag in der Regel in den Allgemeinen Schleppbedingungen finden und die nahezu überall auf der Welt verhältnismäßig gleich ausgestaltet sind. Im Allgemeinen besagen diese, dass die Schlepperbesatzung zu den Angestellten des Reeders des geschleppten Schiffes zählt und insofern dessen Kapitän untersteht. Diese Ansicht folgt der englischen Auffassung „The tug is the servant of the tow.“ (Der Schlepper ist der Diener des Geschleppten.) Das heißt, dass die nautische Führung beim Bugsieren/Assistieren stets beim Anhang – dem geschleppten Schiff – liegt.

 

In den Allgemeinen Schleppbedingungen ist daher in der Regel festgehalten, dass der Kunde (der Geschleppte) für Schäden Dritter haftet, welche der Dritte infolge der Assistenz aufgrund von Manövern erleidet, die der Schlepper nach Weisungen des Führers beziehungsweise des Lotsen des Schleppobjekts fährt. Mit dem Vorliegen solcher Schleppbedingungen muss grundsätzlich gerechnet werden, sodass sie Vertragsbestandteil werden, wenn nicht ausdrücklich Einspruch gegen sie erhoben worden ist.
Aufgrund der vorherigen Ausführungen ist wohl in der Regel der Kunde des Schleppauftrages in Anspruch zu nehmen. Da es sich wie bereits erwähnt für die Gerichte jedoch meist um eine unbekannte Materie handelt und ein damit entsprechendes Prozessrisiko besteht, sollte stets auch der Schlepperkapitän als unmittelbarer Schädiger beziehungsweise die Reederei-/Bugsiergesellschaft in Anspruch genommen werden. Diese ist dann gehalten sich Regress beim Kunden des Schleppauftrages zu nehmen, was letztlich nur die prozessunökonomische Abrechnung „übers Eck“ zur Folge hat.