Widerrufsrecht beim Bootskauf-Vertrag
Die Frage nach Möglichkeiten sich von einem Schiffskauf zu lösen wird häufig gestellt. Dabei können zum Beispiel der Rücktritt vom Kaufvertrag oder auch die Anfechtung des Kaufvertrages eine Rolle spielen. Weniger bekannt, jedoch in einer sehr großen Zahl von Kaufverträgen anwendbar, ist der Widerruf der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung nach dem Fernabsatzrecht. Was bedeutet das genau?
Wann gilt das Fernabsatzrecht beim Bootskauf?
Die Regelungen zum Fernabsatzrecht finden sich in den
§§ 312 b ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Diese Regelungen sind immer dann anwendbar, wenn es sich um Verträge zwischen einem
Unternehmer (das bedeutet einem Gewerbetreibenden) und einem
Verbraucher handelt. Wenn also eine Privatperson für ihren privaten Gebrauch ein neues oder aber auch ein gebrauchtes Boot von einem Händler, einem Makler oder einem anderen Gewerbetreibenden kauft, finden die Vorschriften zum Fernabsatzrecht Anwendung.
Vorsicht: Der Gewerbetreibende muss nicht zwingend als Bootshändler tätig sein. Die Rechtsprechung und Literatur zum Fernabsatzrecht bejaht die Anwendung auch bei so genannten unternehmensfremden Geschäften. Das bedeutet, auch wenn der Betreiber eines Supermarktes in dieser Eigenschaft ein Boot verkauft welches seiner Firma gehört, handelt er als Unternehmer. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Handel mit Booten zu den üblichen gewerblichen Tätigkeiten des Verkäufers zu zählen ist.
Weiter erforderlich für die Anwendung des Fernabsatzrechts ist das Zu-Stande-Kommen des Vertragsschlusses unter zu Hilfenahme von so genannten
Fernkommunikationsmitteln. Hierzu können Telefon, Fax oder auch E-Mail zählen.
Insbesondere der Vertragsschluss mittels E-Mail-Verkehr ist heutzutage sehr beliebt. Ein klassisches Szenario bei einem Neu-Bootskauf oder auch einem Gebrauchtboot-Kauf könnte so aussehen:
Der Verkäufer bietet im Internet ein neues oder gebrauchtes Boot, als Gewerbetreibender zum Verkauf an.
Der interessierte Käufer nimmt per Telefon oder E-Mail Kontakt zum Verkäufer auf, es werden Informationen zu dem Schiff ausgetauscht und schließlich findet eine Besichtigung statt.
Mündlich wird man sich sodann über den Kaufpreis einig und der Verkäufer sichert dem potentiellen Käufer zu, noch am selben Abend einen Vertrag zur Unterschrift per E-Mail zu übersenden.
Der Verkäufer tut wie versprochen und übersendet abends den Kaufvertrag mit der Bitte um Unterschrift und Rücksendung des gescannten und unterschriebenen Kaufvertragsexemplars. Der Vertragsschluss ist einwandfrei erfolgt, jedoch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Im Verhältnis zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher löst dies die Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts aus.
Wie kann ich den Vertrag nach Fernabsatzrecht widerrufen?
Verträge die unter Zuhilfenahme von Fernkommunikationsmittel wie Telefon, E-Mail oder Fax zu Stande gekommen sind, müssen eine Widerrufsbelehrung enthalten. Der genaue Text ist gesetzlich vorgeschrieben. Im Kern muss die Widerrufsbelehrung
die Information für den Verbraucher enthalten, dass dieser das Recht hat, ohne Angabe von Gründen binnen 14 Tagen nach Vertragsschluss vom Vertrag zurückzutreten. Enthält der Kaufvertrag diese Widerrufsbelehrung hingegen nicht, so verlängert sich die 14-tägige Widerrufsfrist um ein Jahr.
Das bedeutet im Ergebnis: Bei fehlender Widerrufsbelehrung im Bootskauf-Vertrag kann der Käufer ohne Angabe von Gründen binnen einer Frist von einem Jahr und 14 Tagen vom Kaufvertrag zurücktreten.
Die Widerrufserklärung muss dem Verkäufer in der Regel schriftlich binnen der gesetzlichen Frist zu gehen. Für die Form ist meistens das gleiche Kommunikationsmittel wie jenes, welches zum Vertragsschluss genutzt wurde, vorgeschrieben. Der schriftliche Widerruf ist jedoch immer ausreichend.
Was bedeutet dies für den Käufer?
Privatpersonen, die ein gebrauchtes oder auch ein neues Boot von einem Gewerbetreibenden erworben haben, sehen sich binnen des ersten Jahres oft Mängeln am Schiff ausgesetzt. Nicht selten kommt es zu kostenintensiven und langjährigen Auseinandersetzungen mit dem Verkäufer, wenn dieser nicht einsehen möchte, dass er für die Lieferung einer mangelfreien Sache gewährleistungspflichtig ist.
Ist der Kaufvertrag nun unter Zuhilfenahme von Telefon oder E-Mail geschlossen worden und fehlt eine entsprechende Widerrufsbelehrung, so kann der Käufer sich schlicht unter Berufung auf die fehlende Widerrufsbelehrung vom Vertrag lösen und so einem Rechtsstreit um die Mängelbeseitigung durch den Verkäufer aus dem Wege gehen.
Was ist den Verkäufern zu empfehlen?
Gewerbliche Bootshändler, Makler und sonstige Unternehmer, die ein Schiff verkaufen, tun gut daran den Kaufvertrag mit einer entsprechenden Widerrufsbelehrung zu versehen. Oftmals wird dieser Schritt gescheut, da Verkäufer verständlicherweise einen einmal erfolgten Vertragsschluss nicht in einem 14-tägigen Schwebezustand halten möchten. Der bewusste oder unbewusste Verzicht auf die Widerrufsbelehrung führt jedoch zu einer erheblichen Verlängerung der Widerrufsfrist. Es ist daher jedem Verkäufer nur zu raten, bereits aus Gründen der Vorsicht, eine entsprechende Widerrufsbelehrung in den Kaufvertrag aufzunehmen.
Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir gerne zur Verfügung.